Die Anwendung einer Leinölfirnis und ein paar Worte zur Oberflächenbehandlung von Holz
Anstrichstoffe auf Leinölbasis, einem Naturprodukt erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Diesem Umstand soll mein kleiner Artikel Rechnung tragen, gleichermaßen aber auch zeigen, dass sich mit einer Leinölfirnis mehr machen lässt als nur eine Grundierung für weitere Anstriche oder Lackierungen auf Holz.
Allein mit Leinölfirnis lassen sich Holzgegenstände witterungsbeständig und griffsicher machen, wobei die Firnis in die Holzoberfläche eindringt und sozusagen zusammen mit dem Holz eine Schutzschicht bildet, die sich sogar zum Polieren eignet, zumindest auf Hartholz. Freilich kann eine solch poliertes Holz vom Glanz her nicht mit einer Schelllackpolitur mithalten - soll es auch gar nicht:
Währenddem eine Schelllackpolitur mehr etwas fürs Auge ist und vorzugsweise an Möbelflächen zur Anwendung kommt, die kaum mit den Händen berührt werden, ist der Anwendungsbereich einer Firnis ganz woanders, nämlich da wo Holz ständig angefasst wird, wie das zum Beispiel bei Messergriffen, Musikinstrumenten, Gewehrkolben, Schachfiguren oder Kinderspielzeug der Fall ist.
Eine gleichmäßig, mehrfach aufgetragene und ausgehärtete Leinölfinis macht Holz wasserdicht, so dass Wasser regelrecht an der Holzoberfläche abperlt.
Im Allgemeinen wird unter dem Begriff "Leinöl-Firnis" ein Leinöl verstanden, dem Sikkative (Trocknungsmittel) zugesetzt worden sind. Diese Trockenmittel sind zumeist Schwermetallsalze oder -Oxide. Sikkative wirken katalytisch beschleunigend auf den Trocknungsprozess von Leinöl, verbessern die Sauerstoffaufnahme und führen dazu, dass sich bereits nach einem Tag eine harte Firnis bildet.
Das Hinzufügen von Sikkativen erfolgte früher dadurch, dass das Leinöl auf etwa 220°C gebracht und mehrere Stunden auf dieser Temperatur gehalten wurde. Dadurch wurde es dickflüssiger als natives Leinöl, was beim kalten Verstreichen jedoch dazu führt, dass das Öl weniger gut ins Holz eindringt.
Zum Verbessern des "In-das-Holz-Eindringen" von angedicktem Leinöl, kann dieses mit einem geeignetem Lösungsmittel verdünnt werden, zum Beispiel mit Balsamterpentin oder Testbenzin im Verhältnis 1:1, solche Mischungen werden auch als Halböl bezeichnet. Abweichungen von diesem Mischungsverhältnis können sich aus dem vorliegenden Werkstück ergeben.
Sehr gut geeigent zum Mischen einer Firnis zu Halböl ist außer den oben genannten Lösungsmitteln auch Lampenöl (Petroleum) oder Grillkohleanzünder, beide Erdölprodukte sind außerdem sehr preiswert. Halböl lässt sich sehr gut verstreichen und Überstände werden durch das Verdünnen vermieden.
Aber auch ohne Sikkative entseht eine Firnis, nur: Es dauert, je nach Ölqualität, die natürlichen Schwankungen unterliegt, ein bischen länger, so etwa eine Woche. Wer den Trocknungsprozess auch ohne Sikkative ein klein wenig beschleunigen möchte (Trockenzeiten drei Tage), kann Folgendes probieren (von mir getestet):
Leinöl etwa einen Zentimeter hoch in einen (breiten) Kochtopf geben und erhitzen, gerade so hoch, dass sich die ersten Dämpfe bilden. Nun die Wärmezufuhr drosseln und die Temperatur etwa 2..3 Stunden lang halten. Während dieser Zeit das Öl öfter mit einem Schneebesen schlagen, damit Luft rankommt. Bereits nach wenigen Minuten entsteht ein unangenehmer, nach Fisch riechender Geruch, der verrät, dass die Fettsäuren anfangen zu oxidieren (Abzug!).
Das Öl erkalten lassen und am nächsten Tag erneut auf etwa 200°C bringen, diesesmal jedoch ohne Luftzufuhr, also nur um es etwas einzudicken. Dazu lege ich einfach den Deckel auf und halte die Temperatur in der Backröhre für 2..3 Stunden. Nach dem Abkühlen ist das Leinöl deutlich viskoser geworden, fast so wie frischer Bienenhonig, auch von der Farbe her. Durch das Erhitzen ohne großartige Sauerstoffzufuhr wird auch noch ein anderer Prozess in Bewegung gebracht, welcher einer Firnisbildung dienlich ist: die Polymerisation. Ein solch vorbehandeltes Öl lässt sich gut verstreichen und härtet innerhalb von drei Tagen, je nach Untergrund, zu einer Firnis aus.
Durch das Kochen werden außer dem Anstoßen einer Polymerisation und dem Oxidationsprozess auch störende Schleimstoffe entfernt, die sich am Rand des Kochgefäßes und nach dem Abkühlen am Boden absetzen.
Das Bild linksstehend zeigt eine solche selbstgemachte Firnis. Infolge mehrstündigen Kochens wurde ein ganz normales kalt gepresstes Leinöl so vorbeitetet, dass es wie eine handelsübliche Firnis verwendet werden kann. Ob sich das Präparat tatsächlich auch als Firnis eignet, kann wie folgt getestet werden:
Einen Tropfen davon dünn auf einer Glasplatte ausstreichen. Wenn sich diese Schicht nach drei Tagen nicht mehr klebrig anfühlt, war die Herstellung der Firnis erfolgreich.
Warum selbst herstellen? Nun, handelsübliche Firnis gibt es in Gebinden ab einem Liter aufwärts. Für ein paar Messergriffe lohnt sich die Anschaffung nicht, es sei denn, nebenher sind noch größere Flächen zu Firnissen (Gartenmöbel). Auf jeden Fall wachsen Anstriche dieser Art ans Herz mit einhergehender Freude am Selbstgemachten.
Linksstehendes Bild zeigt, wie die schöne Maserung von Rotbuchenholz durch eine Leinölfirnis angefeuert wird. Auf jeden Fall ist es wichtig, das Holz gut vorzubereiten, einen etwaigen alten Anstrich zu entfernen, das Holz zu schleifen und zu glätten.
Wie dieser Messerblock aus Buchenholz, der schon einige sichbare Gebrauchsspuren aufwies, wieder zum Leben erweckt wurde, beschreiben untenstehende Absätze. Der dargestellte Messergriff ist ebenfalls mit einer selbstgekochten Leinölfirnis veredelt.
Im Folgenden soll auch unter dem Begriff Firnis eine selbstgekochte Leinölfirnis, wie eingangs beschrieben, verstanden werden, die im Gegensatz zu einer industriell hergestellten Firnis wesentlich langsamer trocknet, jedoch insgesamt zum gleichen Ergebnis führt.
Gegebenenfalls ist mit 100er Schleifpapier ein alter Anstrich zu entfernen. Ansonsten kann das Schleifen einer Hartholzoberfläche ebenfalls mit einer 100er Körnung begonnen werden. Danach den Schleifstaub erst trocken, dann feucht abwischen.
Dieses Wässern bewirkt, dass sich Fasern, die beim Schleifen durchtrennt wurden, wieder aufrichten, tatsächlich fühlte sich das Holz nach dem Wässern wieder etwas rauher an. Das Wässern lässt auch schon erkennen, wie ein Anstrich verlaufen würde, wie das Holz also reagiert.
Ausgehend vom ersten Schliff ist das Schleifen, Wässern und Trocknen zu wiederholen. Dabei das Schleifpapier von grob nach fein wechseln (60, 120, 180, 240...). Wichtig: Stets in Faserrichtung, also längs zur Faser schleifen. Das Ziel einer solchen Vorbehandlung ist es, eine Oberfläche zu haben, die bereits vor dem Auftrag einer Firnis matt glänzt und sich ganz glatt anfühlen lässt. [1]
Der letzte Feinschliff erfolgt mit Bimsmehl und Olivenöl. Bereits hierbei tritt die Maserung sehr schön hervor, wird also schon vor der Firnis angefeuert. Das Olivenöl dient dabei lediglich als Träger für das Schleifmittel Bimsmehl, was gleichzeitig als Porenfüller wirkt. Nach diesem letzten Schliff das gute Stück von überständigen Olivenöl gründlich reinigen und einen Tag stehenlassen.
In diesen Grund wird die erste Firnis eingelassen.
Eine andere Variante besteht darin, das Einlassen der ersten Firnis mit dem letzten Fein-Schliff zu verbinden. Hierzu wird anstelle des Olivenöls gleich ein vorgetrocknetes und trocknungsfähiges Leinöl verwendet und zusammen mit dem Schleifmehl kräftig eingerieben, solange bis sich der gewünschte Glanzeffekt zeigt.
Das Einlassen der ersten Firnis wird auch Grundierung genannt. Ziel ist es, die Leinölfirnis in das Holz einziehen und aushärten zu lassen. Ob die Firnis verdünnt werden sollte (z.B. mit Balsamterpentin), darüber entscheidet die Oberfläche des vorliegenden Werkstücks. Grundsätzlich dringt eine verdünnte Leinölfirnis besser ein als unverdünnt und erleichtert den ersten Anstrich dahingehend, dass keine "Pfützen" auf der Oberfläche stehenbleiben, letzeres ist unbedingt zu vermeiden.
Das Auftragen der Firnis erfolgt vorteilhaft mit einem weichen fusselfreien Lappen. Weiße Papiertücher (Küchenkrepp) eignen sich ebenfalls sehr gut. Die erste Firnis also mit Küchenkrepp auftragen und etwaige Überstände unbedingt entfernen. Entscheidend für eine Firnis ist, dass sie ganz dünn aufgetragen wird, sonst kann sie nicht trocknen.
Den verwendeteten Putzlappen nicht achtlos in die Tonne stopfen (Gefahr der Selbstentzündung!), sondern neben dem Werkstück trocknen lassen. Spätestens nach zwei Tagen (auch bei einer selbstgekochten Firnis), wird der Putzlappen klebrig, das heißt, auch anhand des Putzlappens kann der Prozess des Aushärtens verfolgt werden, ohne das Werkstück berühren zu müssen. Ein Putzlappen oder Küchenkrepp in diesem Zustand eignet sich bestens, auf bereits anderweitig eingelassenen Gründen eine hauchdünne Firnis gleichmäßig aufzutragen oder auszubessern.
Den Einlassgrund sicherheitshalber ein paar Tage trockenen lassen, damit er richtig aushärtet. Zum Aushärten einer Firnis braucht es, wie schon bemerkt, Luft. Aber auch Licht spielt eine gewisse Rolle, die Holzteile also möglichst ins Fenster stellen, ohne diese jedoch einer direkten Sonneneinstrahlung auszusetzen. Das Aushärten einer Leinöl-Firnis lässt sich auch mit der Nase verfolgen: Die Firnis ist trocken, wenn sie nicht mehr nach Fisch riecht und ausgehärtet, wenn sie überhaupt nicht mehr riecht ;-)
Unter Umständen ist es erforderlich, mehrere Firnisanstriche vorzunehmen, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Beim Auftragen der Firnis also erstens darauf achten, dass der Auftrag sehr dünn erfolgt, zweitens beobachten, wie sich der Anstrich verhält. Insbesondere ist darauf zu achten, ob der Grund noch Bedarf hat, Firnis aufzusaugen. Wichtig: Niemals nass in nass arbeiten, sondern die einzelnen Firnisauftragungen stets trocknen lassen, mindestens zwei Tage. Tipp: Das Papiertuch zum Auftragen mit Firnis leicht "tränken" und einen Tag zum Trocknen ausbreiten. Damit lassen sich besonders dünne Anstriche erzielen.
Wenn der letzte Firnisauftrag nicht mehr einziehen will, was sich darin äußert, dass sich die Oberfläche nach einem Tag noch klebrig anfühlt, ist der Zeitpunkt für das abschließende Polieren gekommen. Als Schleifmittel kann feines Bimsmehl zum Einsatz kommen. Ebenfalls mit Erfolg von mir getestet wurde weiße Porzellanerde (Kaolin, in Apotheken als Bolus Alba erhältlich, ebenso wie das Bimsmehl). Die Schleifpulver nur sparsam verwenden.
Zur besseren Handhabe des Poliertuches aus Baumwolle, wird in das Tuch ein faustgroßer Wattebausch eingeschlagen. Das verbessert auch die Kraftübertragung.
Mit dem Aushärten der Firnis in den nächsten Tagen und Wochen verstärkt sich der Glanzeffekt. Auf den abgebildeten Messerblock wurden nach dem ersten Einlassen der Firnis noch zwei weitere Anstriche mit Firnis aufgetragen wobei der Letzte vor dem Aushärten poliert wurde.
Leinölfirnis ist überall da angebracht, wo es darum geht, die Widerstandsfähigkeit von Holzoberflächen zu erhöhen und gleichzeitig zu verschönern. Praktisch betrifft das Gebrauchsgegenstände im täglichen Bedarf, wie zum Beispiel Messergriffe oder auch Spielzeug aus Holz. Eine Firnis stabilisiert und betont den Glanz polierter Holzoberflächen, ohne diese zu versiegeln. Mit einer Firnis bleibt Holz Holz und das Besondere: Es lässt sich auch so anfassen.
Linksstehendes Foto zeigt den Griff meines Frühstücksmessers:
Kirschenholz, fein geschliffen und poliert. Zum Polieren habe ich Bimsmehl und feine Tonerde verwendet sowie eine Firnis eingelassen. An diesem Griff perlt Wasser ab.
Abperlendes Regenwasser auf der Grundplatte, die ich für meine Hollywoodschaukel im Garten baute.
Ideal für Rasierpinsel: Leinölfirnis macht das Holz wasserdicht und bringt gleichzeitig die schöne Maserung zur Geltung.
Linksstehender Pinselgriff aus Buchenholz wurde vor dem Auftragen der Firnis nacheinander mit Schleifpapier der Körnung 80, 180, 400 und 1000 fein geschliffen.
Außer Holz können auch andere Oberflächen mit einer Firnis veredelt werden. Beispielsweise stumpf gewordene Lacke auf Metall. Überhaupt bildet Firnis auf Metall einen sehr witterungsbeständigen Schutzfilm. Steinguttöpfe oder -Figuren für den Garten werden durch einen Anstrich mit Leinölfirnis vor der Verwitterung geschützt, die Firnis dringt auch hier in Poren sowie in feine Risse ein und verhindert so das Eindringen von Wasser.
Restaurieren von Möbeln, Ellinor Schnauss-Lorey, Falken Verlag 1990, ISBN 3 8068 4120 9
Eine Firnis härtet aus, was den Klang einer Geige beeinflusst. Diesen Hinweis bekam ich von einem Geigenbauer aus Rheinland-Pfalz, welcher mich aufgrund dieses Artikels angerufen hat. Ihm gegenüber äußerte ich die Vermutung, dass die alten Meister für ihre Geigen keine Firnis verwendet sondern Standöl.
Bei einem Standöl, welches, wie der Name schon sagt, durch (sehr langes!) Abstehen von Leinöl unter Luftabschluss hergestellt wird, tritt ein anderer Prozess der Vernetzung ein. Hierbei entsteht ein Polymer, welches ähnlich wie eine Leinölfirnis verwendet werden kann, dieses Polymer härtet jedoch nicht so aus wie ein Leinölfirnis sondern bleibt elastisch.
Datenschutzerklärung: Diese Seite dient rein privaten Zwecken. Auf den für diese Domäne installierten Seiten werden grundsätzlich keine personenbezogenen Daten erhoben. Das Loggen der Zugriffe mit Ihrer Remote Adresse erfolgt beim Provider soweit das technisch erforderlich ist. sos@rolfrost.de.